‘Werde laut …’

Sevinc Sönmez

Am 16. November veranstaltete der Bundesverband der Migrantinnen ein bundesweites Festival in Frankfurt, unter dem Motto „Werde laut für ein gleichberechtigtes Leben! Gegen Gewalt an Frauen! Gegen Rassismus & Diskriminierung!“

Über 500 Frauen aus den Mitgliedsvereinen und Gruppen sowie Vertreterinnen und Mitstreiterinnen aus den Gewerkschaften und Frauenverbänden kamen zusammen, um gemeinsam ihre Stimmen für ein gleichberechtigtes Leben zu erheben; ein Fest welches von der Planung bis hin zur Durchführung, auf allen Ebenen von Frauen für Frauen organisiert wurde. 

Genau im Sinne der Gründungsidee des Bundesverbandes und so wie die Bundesvorsitzende des Verbandes, Ceyda Tutan, in ihrer Eröffnungsrede auch erklärte: „Die Geschichte zeigt uns, dass uns nichts geschenkt wird und wir uns unsere Rechte erkämpfen müssen. Für eine Verbesserung unserer Lebenssituation und die Förderung eines gerechten Zusammenlebens müssen wir uns gemeinsam einsetzten. Lasst uns noch mehr ein Teil von den sozialen Bewegungen werden, die sich einsetzen gegen Rassismus, gegen den Klimawandel, gegen die Wohnungsnot“.

Ceyda Tutan bedankte sich bei allen Unterstützern und Mitgliedern, die von Beginn an bei der Organisation und Durchführung des Festivals mitgewirkt und zum Gelingen beigetragen haben, sowie bei allen anderen Gästen, die aus verschiedensten Städten angereist sind um gemeinsam laut zu werden!

Ein buntes, vielfältiges Programm

Die Veranstaltung wurde von den Moderatorinnen Şahnur Yurtsever und Çınar Işık begleitet. Nach einem Film zur Entstehung und Entwicklung und der Bekanntgabe der Forderungen des Bundesverbandes der Migrantinnen, begrüßte die Bundesvorsitzende Ceyda Tutan in deutscher und türkischer Sprache alle Gäste. 

Schon seit der Gründung im Jahr 2005 kämpften die Frauen des Verbandes Seite an Seite für bessere Lebensbedingungen, gegen soziale Ungerechtigkeiten, gegen Ausbeutung und gegen die Spaltung der Gesellschaft, so Tutan. 

Sie zählte all die Gründe auf – von steigender Armut, sich erschwerenden Arbeitsbedingungen, Gewalt gegen Frauen und Flucht bis hin zum Erstarken der AfD, Kriege, Aufrüstung und Waffenlieferungen der deutschen Rüstungsindustrie, Flüchtlingsdeal zwischen der Türkei und der EU. 

Sie unterstrich, weshalb Frauen in Deutschland aber auch weltweit ihre Stimmen erheben müssen. Sie betonte, dass Frauen sich wehren müssen gegen eine Politik, die sie spaltet und die jeden Einzelnen schwächt und gerade es deshalb wichtig sei, dass Frauen sich zusammen tun und organisieren, dass sie mit anderen Frauen und Organisationen zusammenkommen. Tutan schloss ihre Rede mit den Worten ab, dass so viel Frauenpower auf einem Fleck Hoffnung gebe und Mut mache und so werde jede einzelne Frau nach diesem Abend gestärkt mit einem Gefühl von Solidarität und Zusammengehörigkeit nach Hause fahren. 

Mit dem Berliner Frauenchor unter der Leitung von Yelda Özdemir und dem Frankfurter Frauenchor unter der Leitung von Yusuf Sönmez begann das kulturelle Programm. 

Überragenden Applaus bekam der Frankfurter Frauenchor mit ihren Liedern auf Türkisch „Kadinlar vardi“, auf Englisch „Get up Stand up“ und auf Kurdisch „Jin jiyan azadi“. Durch die Lieder der Chöre in verschiedenen Sprachen entstand schon gleich zu Beginn eine Atmosphäre der Verbundenheit unter den Gästen, denn die Lieder spiegelten die Klänge ihrer Kultur, ihrer Sprache und ihrer Lebensumstände wieder und luden zum Mitsingen ein. 

Auch die Folkloregruppe aus Geislingen- Göppingen, unter der Leitung von Neslihan Karakılıç, erntete mit ihren anatolischen Tänzen sehr viel Begeisterung und Applaus. Der erste Teil des Programms schloss mit einer sehr informativen und aufschlussreichen Talkrunde mit Ulrike Laux, Mitglied des IG-Bau Bundesvorstandes, Dr. Delal Atmaca Geschäftsführerin der Damigra, Saadet Sönmez, Sprecherin der Fraktion Die Linke im hessischen Landtag, Ayten Kaya, Mitglied aus dem Vorstand des Bundesverbandes der Migrantinnen e.V. und Juliane Elpelt, Landesfrauensekretärin der Verdi Hessen. Die Moderation übernahm Derya Altinyurt aus dem Bundesvorstand der Migrantinnen.

In einer ausgiebigen Pause konnten die Frauen die zahlreichen Infostände im Foyer des Saalbaus besuchen. Am Bücherstand bot sich eine große und eine vielfältige Sammlung aus Neuerscheinungen in deutscher und türkischer Sprache. 

Auf großes Interesse stießen die bekannte Autorin Ruhat Gülcin Kirdar mit ihrem Buch „Briefe von der Nachteule an einen Vogel im Käfig“ und die Schriftstellerin Dilara Gürcü, mit ihrem Buch „Es darf nicht unter uns bleiben!“. 

Sie signierten ihre Bücher. Gürcü ist eine der Mitbegründerinnen der ersten Internetplattform in der Türkei, die sich online für Geschlechtergerechtigkeit einsetzt. Seit 2014 publiziert sie in der Internetzeitung T24 zu feministischen Themen. Ihr erstes Buch „Es darf nicht unter uns bleiben!“ „Aramızda kalmasın“ erschien dieses Jahr. 

Nach der Pause begann der zweite Teil des Programms mit einer kurzen Theateraufführung des Berliner Migrantinnenvereines, unter der Leitung von Dr. Zerrin Akdenizli. Danach setzte sich das Programm mit den musikalischen Darbietungen der DIDF- Jugend Musik Band, der Gruppe Luxus aus der Türkei und von DJ Ipek fort.

DJ Ipek, İpek İpekçioğlu, (Berlin/Istanbul) kredenzte den Frauen eine einzigartige Mixtur aus Ethnic-Folk und Minimal-, Electro- und Techno-Elementen, die auf einen starken sozial-kritischen Fokus basieren. So lud sie alle Frauen zum Abschluss des Abends ein, gemeinsam den Tanz der one billion rising Kampagne zu tanzen. Erst kurz vor Mitternacht klang das gelungene Fest ab.

Hunderte Frauen nahmen mit einem zufriedenen Lächeln Abschied – mit dem Bewusstsein, dass sie mit jeder Erfahrung, mit jedem Wissen, mit Mitstreiterinnen, Kooperationspartnerinnen und Weggefährtinnen, sowohl als Verband als auch jede Einzelne, wachsen werden, gemeinsam mit anderen Frauen und Menschen auf der Welt, die Veränderung wollen und dass sie entschlossen, weiterhin und sogar mehr, aber unbedingt gemeinsam für die Unabhängigkeit und Freiheit der Frauen kämpfen werden.

Fotos: Sevinc Sönmez

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