Kommunalwahlen NRW 2020

Die Forderungen des Bundesverbandes der Migrantinnen für die Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen am 13. September

Für mehr Mitbestimmung, Chancengleichheit und gegen Diskriminierung, Rassismus und Sexismus!

In Nordrhein-Westfalen (NRW), dem bevölkerungsreichsten Bundesland Deutschlands, mit rund 18 Millionen Einwohner*innen, finden am 13. September Kommunalwahlen statt. In fast jeder Stadt zeigen Plakate voller Versprechungen verschiedener Parteien und Gruppen, was für ein lebenswerteres NRW getan werden muss, aber die meisten von ihnen werden nach den Wahlen wieder vergessen sein.

Zusätzlich zu unseren Forderungen in den Bereichen Stadtentwicklung, Umwelt, Wohnen, Gesundheit und Bildung brauchen wir eine Politik und Veränderungen, die den Menschen und die Natur in den Mittelpunkt stellen, für die Gleichstellung, gegen Diskriminierung, Sexismus und Rassismus.

Als Vereine und Gruppen des Bundesverbandes der Migrantinnen in Deutschland e.V., die in NRW, wo jeder vierte Mensch einen Migrationshintergrund hat, aktiv sind, wollen wir das aktive und passive Wahlrecht auch für Menschen, die momentan keine deutsche oder europäische Staatsangehörigkeit haben. Die erste Voraussetzung dafür ist, dass jedem, dessen Lebensmittelpunkt in Deutschland ist, ein bedingungsloses Staatsbürgerschaftsrecht gewährt und die Hindernisse für die Einbürgerung beseitigt werden. Die zweite Voraussetzung ist, dass jeder Person, deren Aufenthaltsort in NRW ist, ohne weitere Einbürgerungskriterien das aktive und passive Wahlrecht erteilt wird, um die Politik des Bundeslandes, der Stadt und des Bezirks, in dem sie leben, mitgestalten zu können.

Die meisten Einbürgerungskriterien, beispielsweise den Lebensunterhalt ohne Sozialhilfe oder Arbeitslosenunterstützung zu verdienen, stellen für Migrantinnen und geflüchtete Frauen, die in Niedriglohnjobs arbeiten, ein Hindernis für die Nutzung der gleichen Rechte in diesem Land dar.

Deshalb fordern wir die Erleichterung der Einbürgerung und das Recht zu wählen und gewählt zu werden.

Öffentlicher Raum / Stadtentwicklung

Eine Stadtentwicklung, welche die Bedürfnisse von Menschen unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Herkunft plant und berücksichtigt, ist möglich. Die unabdingbare Voraussetzung für eine moderne Stadt ist die Umsetzung einer gleichberechtigten und partizipativen Politik, die die Bedürfnisse von Frauen, LGBTQ +, älteren Menschen, Behinderten, Obdachlosen, Kindern, Jugendlichen und Migrant*innen sowie deren Einbeziehung in die Veränderungs- und Entwicklungsprozesse berücksichtigt. Wir wollen in die Prozesse der städtischen Entwicklung einbezogen werden und davon ausgehen, dass bei der Planung unsere Bedürfnisse berücksichtigt werden. Unsere Bedürfnisse und Anforderungen sollten in allen Strukturen der Öffentlichkeit berücksichtigt werden, vom Verkehr bis zu soziokulturellen Aktivitäten, vom Wohnen bis zur Bildung und in allen Phasen der Stadtentwicklung.

Nein zu strukturellem Rassismus, Sexismus und Diskriminierung in der Lokalpolitik

Viele Entwicklungen in Deutschland zeigen, wie wichtig es ist, den Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung sowohl auf Bundes-, als auch auf Landesebene fortzusetzen. Wir fordern einen entschlosseneren Kampf gegen den institutionellen Rassismus in unserem Bundesland. Es gibt keinen Platz für Neonazis im Parlament.

Wir wollen, dass das brandenburgische Modell, das eine Gleichverteilung von Frauen und Männern in Parlamenten regelt, umgesetzt wird, damit mehr Frauen an der Kommunalpolitik teilnehmen.

Wir sagen Nein zu Sexismus, Diskriminierung und Rassismus in allen Bereichen der Öffentlichkeit, vom Alltag bis über die Medien, Werbetafeln, Bildung, dem kulturellen Leben hin zu öffentlichen Institutionen.

Chancengleichheit in der Bildung

Das neue Schuljahr startete erneut mit Problemen. Die Pandemie hat erneut konkret gezeigt, dass Schüler*innen aufgrund von Klassenunterschieden nicht gleichermaßen auf Bildungschancen zugreifen können. Vollzeitschule, kostenlose Materialien und Ausrüstung, die technische Ausstattung der Schulen, Lehrermangel, überfüllte Klassenzimmer sind immer noch ein Problem. Die Schwierigkeiten in den Kindergärten- und Kindertagesstätten sind ebenfalls noch vorhanden. Wir fordern Chancengleichheit in der Bildung. Wir erwarten, dass Probleme im Bildungsbereich unverzüglich angegangen werden. Wir können beobachten, wie sehr das Chaos in NRW sowohl Pädagog*innen als auch Eltern und Schüler*innen, während der Pandemie, belastete.

Darüber hinaus möchten wir, dass Möglichkeiten geschaffen werden, um die Mängel in der Sprache und in den Kernfächern von Kindern mit Migrationshintergrund und Asylbewerbern zu beheben, Mädchen insbesondere in MINT- Bereichen zu unterstützen und Freizeitaktivitäten für Kinder und Jugendliche anzubieten.

Gute Ausbildung und Arbeit und gute Bezahlung für alle

Wir wollen bessere Arbeitsbedingungen, bessere Löhne, Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten im öffentlichen Bereich und in Unternehmen. Wir wollen Arbeitsbedingungen, die die Vereinbarkeit von Beruf und Leben unter Berücksichtigung der Anforderungen von Frauen und Menschen mit Behinderungen positiv unterstützen. Während der Pandemie haben wir erneut festgestellt, dass Frauen vorwiegend in Jobs beschäfitgt waren, die das öffentliche Leben in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Hygiene und Soziales sichern, und dass sie für niedrige Löhne und unter schlechten Bedingungen arbeiten. Aus diesem Grund fordern wir bessere Arbeitsbedingungen und existenzsichernde Löhne für alle, Arbeitsplätze für alle, mehr Unterstützung und Qualifizierungsmöglichkeiten für arbeitslose Frauen.

Laut dem zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung wurden die Gleichstellungsziele in Deutschland noch nicht erreicht. Um die Gleichstellung der Geschlechter zu gewährleisten, müssen insbesondere Arbeit und Pflege gemeinsam betrachtet und neu gestaltet werden.

Wir wollen die Beseitigung von Ungleichheiten und Diskriminierung im Arbeitsleben und gleiches Entgelt für gleiche Arbeit. In NRW beträgt der geschlechtsspezifische Lohnunterschied 21 Prozent. (DeStatis) Wir möchten, dass diese Lücke so schnell wie möglich geschlossen wird. Denn diese Ungleichheit tritt nicht nur während unserer Arbeitszeit, sondern auch während unserer Pensionierung auf. Im Durchschnitt verdient eine Frau im Ruhestand in Westdeutschland 58 Prozent weniger als ein männlicher Rentner. (Bundesgleichstellungsatlas). Wir wollen gleiches Entgelt für gleiche Arbeit, wir fordern eine Versicherungszahlung ab dem ersten verdienten Euro.

Wohnungspolitik

Das Wohnungsproblem hält in ganz NRW an. Wir wollen mehr Sozialwohnungen, bezahlbaren Wohnraum für Frauen, Studenten, ältere Menschen, Obdachlose und Geflüchtete, Schutz der Mieterrechte, umweltfreundliche, erneuerbare Energiequellen und niedrigere Energiekosten.

Der Kampf gegen Gewalt an Frauen

Gewalt gegen Frauen ist weiterhin ein landesweites Problem. Rechtliche Schutzmaßnahmen reagieren in der Praxis leider nicht. Es gibt ernsthafte Probleme, Frauen, die zusammen mit ihren Kindern Gewalt ausgesetzt sind, zu schützen, Hilfe und Rat zu erhalten und die notwendige Unterstützung für den Wiederaufbau ihres Lebens zu erhalten. Es gibt zu wenige Frauenhäuser. Es gibt immer noch Schwierigkeiten, Frauen mit Behinderungen, Migrantinnen und geflüchtete Frauen Zugang zu bereits begrenzten Möglichkeiten zu verschaffen.

In NRW, wo 18 Millionen Menschen leben, beträgt die Kapazität von Frauenhäusern nach Angaben von 2019, 609 Plätze. Die Kapazitäten und Budgets von Notunterkünften sollten sofort erhöht werden. Wir wollen, dass die Istanbul Konvention ausnahmslos umgesetzt wird und Frauen, die Gewalt ausgesetzt sind, Schutz, Unterstützung und Möglichkeiten angeboten werden. Wir möchten auch, dass die Konvention für Migrantinnen und Asylsuchende unabhängig von ihrem Aufenthaltsrecht gilt.

Gesundheitspolitik

Der Zugang zu Gesundheitsdiensten, die Früherkennung und Diagnose folgen einer ungleichen Entwicklung aufgrund von Privatisierungen im Gesundheitswesen und den Kosten für Gesundheitsdienste. Die Schließung von Krankenhäusern und ihre Strukturierung als profitable Unternehmen erhöhen unsere Probleme. Was wir während der Pandemie erlebt haben, hat einmal mehr gezeigt, wie wichtig es ist, das Gesundheitswesen als Ganzes, ohne den Zweck des Gewinns zu überdenken, sowohl die Einrichtungen als auch die Personalkapazitäten im Bereich Gesundheit und Pflege zu verbessern und die Arbeitsbedingungen zu verbessern.

Wir wollen auch mehr Budgets für Gesundheit, kostenlose Früherkennungs- und Diagnosedienste und kostenlose Empfängnisverhütung. Wir wollen die gesetzlichen Bestimmungen, nach denen Frauen ihr Recht ausüben können, Entscheidungen über ihren Körper zu treffen, im Allgemeinen, die Aufhebung der Paragrafen 218 und 219, die Schwangerschaftsabbrüche unter Strafe stellen und wir fordern die Sicherung erforderlicher Bedingungen für Frauen in unserem Bundesland, die einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen wollen.

 

In unserem Bundesland wollen wir mit mehr Beleuchtung auf den Straßen angstfrei spazieren gehen können, mit barrierefreien Verkehrsmitteln, mit unseren Kinderwägen und Rollstühlen überall hingehen können und mit städtischen Arrangements und Orten für kostenlose Sport- und Kulturaktivitäten in das Leben der Stadt einbezogen werden. Wir wollen uns frei mit einem kostenfreien öffentlichen Nahverkehr bewegen können, von dem nicht nur wir profitieren, sondern auch die Umwelt. Wir wollen eine Stadtgestaltung, die nach umweltfreundlichen Kriterien ausgestattet ist und die Konzerne, die mit ihrer Produktion die Umwelt zerstören in Verantwortung nimmt und nicht begünstigt.

Eine Stadtpolitik, die sich auf den Menschen und die Natur konzentriert, ist weder Luxus, noch ist es unmöglich, unsere Forderungen zu verwirklichen. Wir fordern alle Frauen auf, ob sie das Wahlrecht haben oder nicht, unsere Forderungen geltend zu machen und zu kämpfen, um unter besseren Bedingungen zu leben.

Migrantinnenverein Köln, Düsseldorf, Essen, Bochum, Bielefeld Vereine und Gruppen ..

 

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