Der 8. März, Internationaler Weltfrauentag, wird auch dieses Jahr überall gefeiert. In vielen Ländern wie auch in Deutschland wurde dieses Jahr zum Frauen*streik aufgerufen. Im Interview mit Ceyda Tutan vom Bundesverband der Migrantinnen wollen mehr über die geplanten Aktionen erfahren, über 100 Jahre Frauenwahlrecht sprechen und über die Forderungen des Bundesverbandes der Migrantinnen reden.
Wie steht es um die Frauenrechte weltweit? Wofür kämpfen die Frauen der Welt
Frauen kämpfen um ihre Rechte – sie kämpfe um ihre Menschenrechte – zum Teil kämpfen sie ums Überleben. Weltweit erleben Frauen und Mädchen Unterdrückung und Gewalt. Genitalverstümmelung, häusliche Gewalt, patriarchale Strukturen – Frauen sind täglich von Gewalt bedroht. Der Kampf gegen Gewalt und patriarchale Strukturen ist allen Frauenbewegungen gemein. Frauen setzen sich weltweit für die Gleichberechtigung, für Freiheit und Emanzipation ein. Sie leisten Widerstand gegen patriarchalische Rollenbilder, gegen die Ausbeutung auf dem Arbeitsmarkt, gegen die Lohnungleichheit und gegen Diskriminierung. Sie setzen sich ein für eigenständiges, selbstbestimmtes und freies Leben. Dabei geht es ihnen auch um politische Teilhabe, die Beteiligung an demokratischen Regierungen, um die Mitgestaltung der Politik.
Wir feiern 100 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland, ein Meilenstein in der Geschichte der Frauenbewegung. Welchen politischen Einfluss haben Frauen heute?
Vor einhundert Jahren durften Frauen in Deutschland das erste Mal wählen. Ein hart erkämpftes Recht und ein Durchbruch für die Demokratie. Doch auch nach einem Jahrhundert ist die Gleichstellung von Frauen noch nicht erreicht. Es ist wieder salonfähig, die Frauenrechte und Chancengleichheit infrage zu stellen. Der Anteil der Frauen im Bundestag liegt bei knapp 31 Prozent, in den Länderparlamenten verhält es sich ähnlich. Deshalb gewinnt die Diskussion um Parität im Parlament an Fahrt. Migrant*innen ohne deutschen Pass bleibt diese Chance noch weiter verwehrt. Auch wenn diese seit Jahren ihren Lebensmittelpunkt hier in Deutschland haben, hier arbeiten und ihre Steuern zahlen, habe sie kaum tatsächliche Möglichkeiten auf politische Teilhabe. Es ist an der Zeit, wenn nicht gar schon längst überfällig, endlich das allgemeine Wahlrecht für Migrant*innen einzuführen!
Warum ist am 8. März ein Frauen*streik geplant? Wer und was steckt dahinter?
Die Frauenbewegung hat sich wieder zu einer der bedeutendsten Bewegungen weltweit entwickelt. In Spanien, Polen, Argentinien, in der Schweiz und in Deutschland wird zum Frauen*streik aufgerufen. Das Sichtbarmachen der Debatte über Gewalt an Frauen mit #MeToo und der Kampagne Ni una Menos (Nicht eine weniger) in Südamerika, der Streik von sechs Millionen Frauen in Spanien am 8. März im letzten Jahr und die Demonstrationen für das Abtreibungsrecht haben dazu beigetragen, dass diese Bewegung auch in Deutschland ankommt.
Nach 25 Jahren wird erstmals seit 1994 in Deutschland wieder von einem bundesweiten Frauenstreik gesprochen. Schon damals wehrten sich die Frauen mit dem Streik gegen wachsende Armut, prekäre Arbeitsbedingungen und Erwerbslosigkeit, gegen den Abbau von Sozialleistungen und Diskriminierung. Diese Themen sind aktueller denn je. Die meisten Frauen arbeiten im Dienstleistungssektor, neben der Lohnarbeit übernehmen immer noch Frauen den größten Teil der Erziehungs-, Pflege- und Hausarbeit. Gerade Frauen mit Migrationshintergrund arbeiten mehrheitlich im Niedriglohnsektor, in schlecht bezahlten Jobs, in prekären Arbeitsverhältnissen.
In ganz Deutschland sind Ortsgruppen entstanden, in denen unterschiedliche Frauen aus allen Schichten und Kulturen teilnehmen. Wir beteiligen uns auch an den Diskussionen und Vorbereitungen und unterstützen den Frauenkampftag am 8. März 2019. Wir werden die Frauen mobilisieren an diesem Tag an Veranstaltungen teilzunehmen und wenn möglich die Arbeit niederzulegen. Verschiedene Aktionsformen und Demonstrationen werden bundesweit durchgeführt. Dabei sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt, von der kämpferischen Mittagspause bis hin zum Gespräch oder Flyer auslegen. Da dies kein gewerkschaftlicher, arbeitsrechtlicher Streik ist, gilt es die Fantasie zu benutzen ohne eine Kündigung zu riskieren.
Der Bundesverband der Migrantinnen feiert jährlich den 8. März. Unter welchem Motto werden ihre Veranstaltungen dieses Jahr stattfinden? Was sind ihre Forderungen? Wen wollen sie damit erreichen?
Unser Motto dieses Jahr lautet: FRAUENKAMPF AUF DIE STRASSEN! Lasst uns gemeinsam kämpfen für Gleichberechtigung, Selbstbestimmung, politische Teilhabe, Solidarität und Zusammenhalt – gegen Rassismus, Diskriminierung und Ausgrenzung.
Migrant*innen, die seit Jahren ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben, müssen endlich das Wahlrecht bekommen, auch ohne deutschen Pass.
Vielen Frauen droht die Altersarmut durch Arbeit in Teilzeit oder schlecht bezahlten Jobs. Zusätzlich sind sie noch mit der Haushalts- und Pflegearbeit belastet. Frauen bekommen trotz gleicher Arbeit nach wie vor 21 Prozent weniger Gehalt als Männer und die Rentenlücke ist noch weitaus höher mit 40 Prozent. Wir fordern deshalb gleichen Lohn – bei gleicher Arbeit und gute Arbeitsverhältnisse!
Frauen haben nach wie vor nicht das alleinige Recht über ihren Körper zu entscheiden. Wir fordern die Streichung von den Paragraphen 218 und 219a!
Zudem sprechen wir uns am 8. März gegen die Aufrüstung und den deutschen Waffenexport aus. Wir fordern den Stopp der Waffenexporte. Wir fordern eine Welt in Frieden!
Und natürlich begrüßen wir den 8. März als Feiertag in Berlin und fordern diesen bundesweit!
Das vergangene Jahr war ein sehr kämpferisches und bewegtes Jahr. Viele soziale Bewegungen haben ihre Forderungen auf die Straßen getragen. Es gab viele Demonstrationen für eine bessere Umwelt, gegen die Wohnungsnot in Deutschland und gegen Rassismus und Diskriminierung. Wir wollen mit unserem Motto die Frauen auffordern mit ihren Forderungen auf die Straße zu gehen, ihre Stimmen zu erheben, laut zu werden, gehört zu werden. In den Ortsgruppen werden auch dieses Jahr wieder tolle Veranstaltungen stattfinden, worauf sich die Frauen schon seit Wochen vorbereiten. Bunt gemischte Programme, zum Teil in Kooperation mit anderen Organisationen wurden vorbereitet mit Vorträgen, Musik und Tanz wollen wir die Frauen einladen den 8. März zu feiern. Dabei sind die Veranstaltungen für alle Frauen offen, alle sind herzlich eingeladen.
Unser Verband versucht seit seiner Gründung ausgehend von den spezifischen Problemen der Migrant*innen den Sehnsüchten und Forderungen der Arbeiter*innen, Angestellte, Hausfrauen, Mütter, Student*innen und Schüler*innen eine Plattform der Kommunikation und Aktionsfähigkeit zu bieten – in allen Stadtteilen wo Frauen und Migrant*innen wohnen, arbeiten und ihre Freizeit verbringen. Dabei setzen wir uns für ein solidarischer Miteinander, gegen Rassismus, Diskriminierung und Ausgrenzung ein.