Eine wichtige Arbeit, die zu wenig Anerkennung bekommt!

Seit Monaten wird über „systemrelevante“ Berufe und Arbeiten gesprochen. Reinigungskräfte standen im Fokus dieser Debatten. Beschäftigte der Reinigungsfirmen stehen unter einem immensen Druck. Die Situation und Verhältnisse unter denen die Beschäftigten arbeiten müssen, entsprechen aber nicht den Stellenwert ihrer Arbeit. Zu wenig Schutzmaßnahmen, zu wenig Lohn und zu wenig Anerkennung.

Wir haben mit Ulrike Laux, Mitglied des IG BAU- Bundesvorstandes über die Situation und Forderungen der Reinigungskräfte gesprochen.

Welchen Problemen wurden die Reinigungskräfte während der Pandemie ausgesetzt?

Sobald im März klar wurde, dass die Viren ansteckend sind, war der Arbeits- und Gesundheitsschutz der Gebäudereiniger*innen extrem wichtig und sofort notwendig. Denn sie mussten weiterhin arbeiten, reinigen und vor allem desinfizieren, damit die Viren keine Gefahr für andere Beschäftigte sind. Es fehlten am Anfang die notwendigen Schutzmasken und viele hatten natürlich große Angst, sich in den Objekten anzustecken. Viele Reinigungsfirmen und Kunden hatten dafür kein Verständnis, sie erwarteten von den Reinigungskräften, dass sie ihre Arbeit wie bisher leisten und noch darüber hinaus. In den ersten Wochen fehlten Informationen, wie sie sich verhalten sollten und es gab zu wenige Schutzmasken. Die Arbeit stand für viele Firmen im Vordergrund, besonders die Desinfektion der Objekte – mehr Aufträge und mehr Arbeit für die meisten Reiniger*innen.  Kliniken, Schulen, Büros oder Industriebetriebe sollte schnell hygienisch sauber sein. Dass dafür mehr Zeit notwendig ist, wurde häufig von Kunden und Reinigungsfirmen ignoriert. Die Beschäftigten hatten plötzlich viele Probleme zu bewältigen: Angst vor der Ansteckung, Stress durch die hohen Anforderungen an die Sauberkeit, mehr Arbeit ohne mehr Zeit und die Erwartung, dass sie alles schnell und hygienisch sauber leisten. Dabei hatten sie noch die gleichen Probleme wie alle anderen: Ihre Kinder zu betreuen, die plötzlich zu Hause waren. Unter diesen Bedingungen ist die Vereinbarkeit von Arbeit zu Hause und im Betrieb kaum möglich. Zumindest gab es eine Anerkennung, als vielen Menschen klar wurde, dass die Reinigung „systemrelevant“ ist. Der Applaus war eine gute Geste des Danks, jetzt müssen konkrete Schritte der Anerkennung folgen z.B. mehr Lohn für die wichtigen und eben wertvollen Tätigkeiten der Gebäudereiniger*innen.

Ulrike Laux / Foto: Alexander Paul Englert

 

Standen die Gewerkschaften den Reinigungskräften zur Seite?

Ja, hundert Prozent. Wir waren vor Ort immer zu erreichen. Beratung und Unterstützung wurde über Telefon und E-Mails organisiert. Wo es notwendig war, gab es „Notfall-Hotlines“ über die die IG BAU 24 Stunden zu erreichen war. Die Mitglieder haben Termine für Beratungen vereinbart, erst per Telefon, später wieder durch persönliche Gespräche – wir haben immer flexibel reagiert auf das, was in dieser Pandemie möglich war. Wir haben uns in den Betrieben weiterhin mit allem, was möglich war, für die Rechte der Mitglieder eingesetzt. Dies gilt auch für die politischen Entscheidungen. Die DGB-Gewerkschaften haben Seite an Seite gekämpft, damit gesetzliche Regelungen in dieser Corona-Pandemie-Krisenzeit zugunsten der Beschäftigten erfolgen.  Viele einzelne Maßnahmen wurden vereinbart, die helfen sollen, diese Zeit zu bewältigen. Das war oft schwer, denn viele Interessengruppen wollten finanzielle Unterstützung. Das, was möglich war, haben die Gewerkschaften für ihre Mitglieder und darüber hinaus für die Menschen in diesem Land durchsetzen können.

Haben sich während der Corona-Zeit die Arbeitsbedingungen geändert? Welche Hygienemaßnahmen wurden getroffen?

Die Arbeitsbedingungen hatten sich stark verändert. Neben den Schutzmaßnahmen, die zum Schutz der Beschäftigten eingesetzt werden mussten, war es die Desinfektion in den Objekten, die viele Arbeitszeit benötigt hat. Die Hygienemaßnahmen gingen und gehen immer noch weit über eine normale Reinigung hinaus. Unser Blick ist dabei immer auf dem Schutz der Beschäftigten. Gute Leistungen sind möglich, wenn ausreichend Zeit dafür zur Verfügung steht. Schützen müssen sich die beschäftigen, damit sie sich selbst nicht anstecken und auch andere nicht gefährden. Ein Beispiel hierfür sind Kliniken und Pflegeeinrichtungen. Die sorgfältige Arbeit stand für alle im Vordergrund.
Es ist schon immer wichtig gewesen Mitglied einer Gewerkschaft zu sein und gerade in dieser Phase wird das nochmal deutlich. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass viele Frauen mit Migrationshintergrund ihre Pflichten und Rechte auf Grund der sprachlichen Barriere nicht kennen. Wie lautet Ihre Meinung diesbezüglich?
Tatsächlich ist die fehlende Sprachkenntnis für diese Menschen ein Problem. In der Gebäudereinigung arbeiten viele Frauen, die häufig ihre Rechte nicht kennen, doch sie wissen, wenn etwas nicht in Ordnung ist. Daher melden sich viele Frauen bei uns und fragen nach, informieren sich über ihre Rechte, z.B. darüber, wie sie arbeiten müssen und was ihnen zusteht. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sich viele Firmen zu wenig Zeit nehmen, um die Sprachprobleme zu überwinden. Wir in der IG BAU nehmen uns diese Zeit in der Beratung. Aktuelle bieten wir über ein Projekt auch Sprachkurse in vielen Sprachen an – allerdings im Moment noch Online, das ist über ein Smartphone gut möglich. Diejenigen, die bisher teilnehmen, finden es gut und merken, dass sie die deutsche Sprache damit besser lernen können.

Welche Forderungen stellen Sie für den Bereich der Gebäudereinigung als IGBau bei den Tarifverhandlungen?

Unsere Forderungen in diesem Jahr sollen den Beschäftigten mehr Einkommen bringen. Es sind die Löhne, die sich erhöhen sollen. In den letzten Wochen ist sehr klar geworden, wie wertvoll diese Arbeit ist. Sauberkeit rettet Leben und wir fordern für die beiden Mindestlöhne einen Anstieg um 1,20 Euro. Für die unterste Lohngruppe bedeutet dies, wir fordern 12,- Euro (bisher 10,80 Euro), das ist das mindeste, was den Reiniger*innen zusteht. Die anderen Lohngruppen sollen um 6,5 % erhöht werden. Außerdem fordern wir bereits seit 2017 ein Weihnachtsgeld von 80 Stundenlöhnen. Durch Warnstreiks konnten wir unter anderem im letzten Jahr erreichen, dass die Unternehmen und deren Bundesinnungsverband erklärt haben, sie verhandeln 2020 mit uns ein Weihnachtsgeld.

Ihr habt von einer Kampagne gesprochen. Welche Ziele verfolgt diese Kampagne und was möchte sie bewirken?

Gemeint ist hier wahrscheinlich die Kampagne „Respect for Cleaners“. Dazu gehört auch die Forderung „raus aus dem Niedriglohn“, seit Jahren ist dies ein wichtiges Ziel. Die Corona-Zeit hat unsere Argumente bestätigt – es ist eine wichtige Arbeit, die zu wenig Anerkennung bekommt – dies muss sich ändern. Tarifverhandlungen sind ein wichtiger Meilenstein zum Ziel und darüber hinaus die einzelnen Maßnahmen, wie unsere Öffentlichkeitsarbeit #SauberkeitrettetLeben, um auf die Arbeits- und Lebenssituation der Gebäudereiniger*innen aufmerksam zu machen.

,