Zu unterzeichnen und für weitere informationen: www.yasamdanyanayiz.com
Der Friedensprozess für eine politische Lösung zur Kurdenfrage, der in 2012 beschlossen worden ist, wurde gestoppt. Seit sechs Monaten herrschen in der Türkei Kriegszustände mit einer ständig wachsenden Gewalt. Bis zum 16. Januar wurden in 20 Bezirken von sieben verschiedenen Gebieten Ausgangssperren erteilt, die insgesamt 304 Tage andauerten. Die Ausgangssperren in Cizre und Silopi dauern seit 34 Tagen an, im Stadtteil Sur in Diyarbakir schon seit 46 Tagen. Innerhalb von sechs Monaten wurden hunderte Menschen – Zivilisten, Guerillakämpfer, Soldaten und Polizisten – ermordet und verletzt.
In Gebieten wo intensive Schlachten toben und Ausgangssperren wegen Militäroperationen angekündigt werden, wird zehntausenden Menschen keine andere Möglichkeit gelassen, als von ihrem Zuhause auszuwandern. Jedoch gibt es noch zehntausende Zivilisten, die trotz der Angriffe nicht weggehen können, oder sich entschieden haben, zu Hause bleiben, deren Leben unter grässlicher Gefahr stehen und ihre Besitztümer geschädigt sind. Sie Leben unter Zuständen, wo die einfachsten, grundsätzlichen Bedürfnisse kaum befriedigt werden können. Sie leben ohne Stromversorgung, sprich ohne Heizung. Dutzende Familien suchen in überfüllten Schutzräumen Zuflucht vor Bombenangriffen des Militärs, wo sie kaum Nahrung haben. Es gab schwangere Frauen, die Früh- oder Fehlgeburten erleiden mussten. Viele starben an ihren Verletzungen, wenn sie von Scharfschützen angeschossen wurden, weil sie keinen Zugang zu medizinischer Versorgung hatten. Die Körper der Verstorbenen liegen zum Teil tagelang auf den Straßen, weil Menschen der Anspruch vom Staat weggenommen wurde, ihre Verstorbenen zu beerdigen.
Das Land ist durch Hass, Polarisierung, und von Gefühlen von Unsicherheit und Gewalt geprägt. Die Redefreiheit existiert kaum noch, weil Menschen kriminalisiert werden, die ihren Wunsch nach Frieden äußern. Die Zahl der Menschen, die in Verwahrung genommen worden sind, die verhaftet wurden, die von ihren Arbeitsstellen gekündigt wurden, weil sie die Stimme gegen den Krieg erhoben haben, steigt täglich an. Unter diesen Bedingungen entschieden wir uns, Frauen und LGBTIs aus der Türkei, uns unter dem Dach des Fördervereins “Fraueninitiative für den Frieden” für einen neuen Friedensaufruf zusammenzuschließen.
Wir teilen unseren Friedensaufruf mit internationalen Frauen- und LGBTI-Organisationen und allen Menschen und zählen auf Ihre Hilfe und Unterstützung dabei, unsere Stimme zu erheben, in der Form einer Unterschrift unter unserem Petitionstext, den wir Ihnen vorstellen:
WIR SIND AUF DER SEITE DES LEBENS, NICHT DES TODES!
Wir verteidigen unser Recht auf Frieden und die Wahrheit!
Dieses Festland machte vieles durch. Seit Juli herrschen wieder Kriegszustände – seit Dezember leiden kurdische Gebiete in der Türkei unter schweren militärischen Maßnahmen und Ausgangssperren. Bomben explodieren um uns alle herum. Warum? fragen wir uns, wird auf einen Krieg bestanden, der Menschenleben kostet, der uns zwingt, unter einem Zustand der Unsicherheit und des Entsetzens zu leben? Das möchten wir nicht unterstützen.
Kinder werden getötet. Wie können wir in einem Land eine Zukunft aufbauen, wo Kinder ermordet werden? Wir willigen dem nicht ein.
Darüber hinaus können wir nicht darüber sprechen. Anstatt an der Lösung und der Entfernung der langfristigen Konflikte zu arbeiten, werden wir zu einer Gesellschaft, wo Menschen sich nicht mehr in die Augen schauen können, die nicht fähig sind, ohne Hass und Lynch miteinander zu leben. Neben all diesen Bedingungen gibt es Medien, die verantwortlich sind, Menschen zu informieren, die aber zwischen Stillschweigen und Kriegshetzerei schwingt. Warum, fragen wir uns, wird unser Recht auf Zugang zu Informationen jeden Tag und immer wieder verletzt?
Wir fordern unser Recht auf den Frieden und auf die Wahrheit. Wir wissen, dass es unser Grundrecht ist, in Frieden zu leben, und die Wahrheit zu erfahren. Wir wiederholen: Wir willigen dem Verletzen unserer Rechte nicht ein.
Die Beseitigung der Diskriminierung, der Ungleichheit, der Gewalt an Frauen und an die LGBTI-Gemeinde, genauso wie die Gründung der wahren Gerechtigkeit und eines Lebens, das gleichwertig und frei ist für uns alle, ist nur im Zustand des Friedens möglich. Wir brauchen den wahren Frieden, um die Geschichte zu ändern, die in Gefahr der Zerstörung und des Hinwegsehens steht. Wir greifen nach unserem Recht auf das Leben.
Aus diesen Gründen rufen wir alle Frauen und LGBTIs auf, ihrem Recht auf Frieden und Wahrheit zu folgen, bevor es keine Hoffnung mehr gibt.
Da der Krieg keinerlei Lösungen mit sich bringt und jeden Tag unsere Trauer und Schmerzen verstärkt, brauchen wir Verhandlungen statt Bomben, die sich auf die Lösungen der Probleme konzentrieren.
Wir rufen die Menschen auf, die dieses Land regieren, das Parlament und die Regierung, ihre erste und wahre Pflicht zu erfüllen, und zwar das Recht der Menschen, im Frieden zu leben, damit der Tod, die Absperrungen und die Ausgangssperren enden; damit Kinder keine Zielobjekte mehr sind von Kugeln. Wir verlangen das sofortige Ende dieses Kriegs, den sofortigen Anfang der Verhandlungen und, dass der Weg für einen wahren, nachhaltigen Frieden freigemacht wird.