Familienzusammenführung:

Europäischer Gerichtshof gibt Frauenverbänden Recht:

Rechtswidriger Sprachtest für drittstaatsangehörige Ehegatten fällt weg

1322231491Türkische Staatsbürger, die zu ihrem Ehepartner nach Deutschland ziehen wollen, müssen künftig keine Deutschkenntnisse mehr nachweisen. Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg (EuGH) entschied, dass die Sprachtests gegen ein Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Türkei verstoßen. Die sogenannte Stillhalteklausel aus den 1970er Jahren verbietet neue Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit. Geklagt hatte eine türkische Mutter von vier Kindern, die seit vier Jahren vergeblich um ein entsprechendes Visum wartet, um zu ihrem Mann nach Deutschland nachzuziehen. Der Grund: Frau Dogan kann die erforderlichen Sprachkenntnisse nicht nachweisen – sie ist Analphabetin. Sie klagte beim Verwaltungsgericht Berlin. Ihre Klage lag im Mai dieses Jahres dem Europäischen Gerichtshof vor. „Das 2007 eingeführte Spracherfordernis sei weder mit der Stillhalteklausel des Assoziierungsabkommens mit der Türkei noch mit der Richtlinie über die Familienzusammenführung vereinbar, so der damalige Wortlaut des EU-Generalanwalts Mengozzi.

Der sog. Sprachnachweis für nachziehende ausländische Ehegatten ist Bestandteil der im Jahr 2007 vom Bundeskabinett verabschiedeten Gesetzesentwurfs zur Bekämpfung von Zwangsverheiratung. Zu diesem Gesetzespaket gehört auch die Verlängerung der Ehebestandszeit von zwei auf drei Jahren. D.h. erst nach drei Jahren Ehe, erlangt der/die zugezogene Ehefrau/-mann den rechtlichen Anspruch auf ein unabhängiges Bleiberecht in Deutschland. In Gewaltfällen in der Ehe ein fataler Zustand. Die Entscheidung des EuGH kippt nunmehr den Deutschtest für türkische Staatsbürger.

Die Koppelung des gesetzlichen Sprachnachweises mit anderen aufenthaltsrechtlichen Einschränkungen für Migrantinnen und Migranten verstößt gegen das Grundgesetz und verletzt das Menschenrecht. Und es ist eben diese geltende Rechtsgrundlage, auf die der aktuelle Fall von Frau Dogan beruht. Er verdeutlicht auch die gravierende Funktion des Zwangstests als soziale Auslese. Denn das Erlernen der deutschen Sprache im Herkunftsland ist mit vielen und unzumutbaren Hürden verbunden. Dies betrifft vor allem Fragen der Kosten sowie der räumlichen Nähe zu entsprechenden Sprachkursen, die für den Großteil der betroffenen Ehegatten aufgrund ihrer sozialen Situation kaum zu bewältigen sind.

Wir Frauen im Bundesverband freuen uns über die Entscheidung des EuGH und sehen uns mit anderen Frauenverbänden in unserem Protest gegen den Ehegattenbestätigt. Denn statt zu helfen, hat die Regierung die rechtliche Lage von betroffenen Frauen eher verschlechtert! So beim Familiennachzug (Sprachnachweis). Damit aber Frauen ein selbstbestimmtes Leben führen können, muss das unabhängige Bleiberecht für Frauen unabhängig vom Ehemann endlich eingeführt werden. Daran werden wir weiterarbeiten!

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