„Ich wollte gesehen werden und zeigen, dass sie mir keine Angst machen können.“

Wir haben mit Tess Asplund über ihr Leben, ihren Kampf, ihren Protest und über den rasant steigenden Rassismus und Faschismus in Schweden gesprochen.

Murat Kuseyri
Stockholm

13256167_1026935307384813_5507582846690103635_nBorlänge ist eine Stadt in der schwedischen Provinz und ist dafür bekannt, dass sie in erster Linie von Arbeitern und Einwanderern bewohnt wird.
Jedes Jahr wird der 1. Mai dort mit intensiver Beteiligung der Arbeiter und Immigranten gefeiert.

Jedoch sind dieses Jahr rassistische und fremdenfeindliche Gruppen aus den verschiedensten Teilen Skandinaviens zusammengekommen, um in Borlänge den 1. Mai zu sabotieren.
Daraufhin haben hunderte von Menschen demonstriert, um gegen den Marsch der Faschisten zu protestieren. Aufgrund der strengen Sicherheitsmaßnahmen der Polizei konnte es zu keinen Auseinandersetzungen kommen, aber die Tatsache, dass die 42-jährige Tess Asplund alleine vor 300 Rassisten stand und ihre Faust gegen sie erhob, hat weltweit die Medien erobert.

ALS ADOPTIVKIND VON KOLUMBIEN NACH SCHWEDEN

Wir haben mit Tess Asplund über ihr Leben, ihren Kampf, ihren Protest und über den rasant steigenden Rassismus und Faschismus in Schweden gesprochen.

Asplund wurde mit 7 Monaten als Adoptivkind von Kolumbien nach Schweden gebracht. Mittlerweile ist sie Mutter von zwei Kindern und setzt für den Schutz der Frauen ein, die Opfer täglicher Gewalt werden. 
Sie behauptet im Alter von sechs Jahren schon die Ungerechtigkeit in der Gesellschaft erkannt zu haben, als ihre Eltern ihr den Wunsch auf einen Apfel verweigerten, mit der Begründung, dass Äpfel aus Südafrika kämen und dass die Menschen dort einem rassistischen Regime unterlegen seien, gegen welches Mandela dort kämpfen würde.
Heute merkt man, dass diese Geschichte einen großen Einfluss auf ihr Leben hatte.

SEIT IHREM 16. LEBENJAHR KÄMPFT SIE GEGEN DEN RASSISMUS

Seit ihrem 16. Lebensjahr setzt sich Asplund gegen Rassismus und Ungerechtigkeit ein und ist heute in der Organisation „Fokus Afrofobi“ aktiv.
Über ihr mittlerweile weltweit bekanntes Foto, welches aus reiner Spontanität entstanden ist, sagt sie folgendes: „Ich habe an gar nichts gedacht. Ich habe gesehen, dass sie so frei herumlaufen dürfen und das hat mich einfach wütend gemacht. Ich habe plötzlich den Entschluss gehabt, mich vor sie zu stellen. Ich habe meine Faust für Gleichberechtigung, Gerechtigkeit und Liebe erhoben. Mit dieser Geste wollte ich gleichzeitig meinen Respekt an Nelson Mandela deutlich machen.

Asplund ist verärgert auf die schwedische Regierung, da der Protest nach kurzer Zeit aufgelöst wurde und sie von den Polizisten geschubst wurde. Sie behauptet, dass solche fremdenfeindlichen Gruppen die Demokratie ausnutzen um ihr rassistisches Gedankengut zu verbreiten.

“ Rassisten und Faschisten gewähren Andersaussehenden kein Recht auf Leben. Ich möchte nicht, dass meine Kinder irgendwann auf der Straße von so einem Verhalten belästigt werden. Und genau aus diesem Grund kämpfe ich dafür, dass solche rassistischen und faschistischen Aktionen verboten werden.“, so Asplund.

Als ich sie fragte, ob sie keine Angst gehabt habe, sich gegen Schwedens rassistischste und fremdenfeindlichste Gruppe zu stellen, entgegnete sie wie folgt: „Nein, ich hatte keine Angst. Ich protestiere seit 26 Jahren gegen Rassismus.
Ich bin immer so. Ich wollte gesehen werden und zeigen, dass sie mir keine Angst machen können.“
Außerdem ist sie auch verärgert auf die Medien, die sich nur auf sie konzentrieren und nicht auf den Protest, der ihrer Meinung nach im Vordergrund stehen müsste. 
„Wir sind sehr viele Aktivisten und dies sollte ebenfalls zur Sprache gebracht werden. Viele Menschen kämpfen Tag und Nacht gegen den Rassismus.“
‚ICH SEHE MICH NICHT ALS HELDIN‘

„Ich habe mich niemals als eine Heldin gesehen. Ich habe nur das gemacht, was ich für nötig gehalten habe. Ich bin nur eine Aktivistin gegen den Fremdenhass. Es gibt viele Menschen wie mich. Jeder versucht auf seine eigene Art und Weise dagegen zu kämpfen. Es kam alles so plötzlich. Ich habe wirklich ohne zu denken gehandelt. Mich gegen diese Gruppe zu stellen, macht mich noch lange zu keiner Heldin” behauptet Asplund.

Asplund, die ihre Sorge über die Ausweitung des Rassismus und der Migrantenfeindlichkeit in Schweden beteuert, sagte: „Seit dem Einzug der rassistischen Partei – Schwedendemokraten – in das Parlament bei den Wahlen 2010, ist der Rassismus zu einem Normalzustand geworden. Die Menschen haben offen migrantenfeindliche Äußerungen entwickelt. Die rassistische Partei wird mit jedem Tag stärker. Die Bevölkerung muss endlich ihre Augen auf machen. Sich nichts daraus machen geht nicht. Wir könnten miterleben, dass wir eines Tages aufwachen und die rassistische Partei ist die größte Partei Schwedens geworden. Dann könnte es bereits viel zu spät sein, um noch etwas zu unternehmen.“

Asplund, welche auch die Entwicklungen in der Türkei näher betrachtet, sagte, dass die Türkei ein faschistischer Staat ist, Erdoğan sich nicht von den anderen unterscheidet und es ihr schwerfällt zu verstehen, wie die Europäische Union mit so einem Land einen Dal darüber abschließen kann, mit dem die Einreise von Geflüchteten gestoppt werden soll.

tessTess´ Protest ist nicht der erste seiner Art

1985 hatte, in der schwedischen Kleinstadt, die 36 jahre alte Danuta Danielsson eine andere Version von Tess´ Protest in die Tat umgesetzt. Danielsson hatte einem der Glatzköpfe, welche im Stadtzentrum demonstrierten, ihre Tasche auf den Kopf gehauen. Das Foto des Fotografen Hans Runesson wurde in Schweden zum Foto des Jahres gewählt und die Künstlerin Susanna Arwin, fertigte 2013 eine Statue von Danutas Protest.

Jedoch gestatteteder Stadtrat von Växjö, mit der Begründung, die Statue wäre gewaltverherrlichend, die Aufstellung am Platz des Protestestes, dem Storatorgetplatz nicht.

Mit der Aussage, sie fände es sehr absurd, dass die Statue von Danutas Protest mit der Begründung, diese wäre gewaltverherrlichend, nicht aufgestellt werden darf und dass sie nicht findet diese würde Gewalt verherrlichen erläuterte sie „Genauso wie es normal ist, wenn ein Kind Computerspiele spielt, ist es auch genauso normal, wie Danuta mit ihrer tasche dem Glatzkopf eine überzieht. Die Begründung voran zu bringen, eine Statue würde Gewalt ist eine äußerst krankhafte Auffassung.“

Auf die Frage hin, dass Danuta nach ihrem Protest einen Kontakt zu Medien ablehnte und wieso sie die Anfragen der Medien annimt, antwortete sie:
„Jede Art des Protestes, welcher gegen Rassismus durchgeführt wird ist eine Form des Kampfes. Deswegen habe ich die Anfragen angenommen und ich wollt, dass die Öffentlichkeit erkennt, was in Schweden geschieht.“

Übersetzung: Aylin Dilan Dil

Quelle: www.evrensel.net

 

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